Das Berufsfeld des klassischen Torbauers hat sich in den letzten Jahren extrem gewandelt.

Sicherlich rollt das Rolltor immer noch auf eine Welle auf und läuft zwischen 2 Schienen. Das Konsolen, Laufschienen, Welle und Motor vernünftig und ausreichend bemessen werden ist Voraussetzung eines jeden Handelns.

Das eigentliche Tor jedoch tritt angesichts der Steuerung und Absicherung desselben immer weiter in den Hintergrund. Die Anforderungen an ein Tor, an dessen Nutzen, dessen Gebrauchseigenschaften und das Wissen um die vielfältigen Möglichkeiten der Einflussnahme auf die Steuerungsabläufe bedingen ein hohes Maß an Fachwissen im Bereich Steuerungselektronik und Kompatibilität der einzelnen Komponenten. Gemessen an den Kosten einer Anlage entfallen heute nur noch ca. 35% auf das eigentliche Tor, der ungleich größere Kostenanteil wird durch die vorgeschriebenen Sicherungseinrichtungen und die Steuerung sowie Befehlsgeber, alos die angeschlossenen elektronischen Komponenten, beansprucht.

Dieser Teil ist für den späteren Gebrauchsnutzen für den Betreiber naturgemäß auch der wichtigere. Die Auswahl des Tortyps wird jedoch oft noch am Ausgangspreis des Tores unabhängig vom eigentlichen Gebrauch getroffen.

Rolltore haben Vorteile

• Hohe Lastwechsel
• Geringer Platzbedarf seitlich
• Geringe Folgekosten
• Robust und wartungsfreundlich

aber auch Nachteile

• Verglasung aufwendig
• Isolierung immer mangelhaft
• Geräuschentwicklung
• Optik
• Keine Schlupftüre möglich (nur Drehflügel)

Sektionaltore hingegen sind

• Relativ leiselaufend
• Gute Isolation und Abdichtung
• Große Fensterflächen möglich
• Schlupftüren im Torblatt integrierbar
• Recht schnell laufend

aber auch

• Wartungsintensiver
• Hohe Folgekosten im Reparaturfall
• Größerer Platzbedarf seitlich
• Keine extrem hohen Lastwechsel möglich

Alleine an dieser kleinen Gegenüberstellung erkennt kann abgeleitet werden, dass ein Tor eben mehr als nur ein Abschluss einer Öffnung ist.

Steuerungen können Tore einfach nur schließen oder dies intelligent tun. So kann heute z.B. die nach DIN EN 12 453 vorgeschriebene untere Lichtschranke mit einem Mehrfachnutzen geschaltet werden.

• bei geöffnetem Tor wird die Lichtschranke zum zurücksetzen des Zeitrelais des automatischen Zulaufes genutzt. D. h. im Fall der Unterbrechung des Lichtstrahles wird das Zeitglied auf den Ausgangswert zurückgesetzt. Hiermit wird mehreren Nutzern die Möglichkeit gegeben die Toröffnung zu passieren ohne jedes Mal das Tor neu öffnen zu müssen. Antrieb und Mechanik werden geschont.
• oder es soll verhindert werden dass mehrere Fahrzeuge hintereinander die Öffnung passieren, dann wird kurz nach Unterbrechung des Lichtstrahles direkt die Zu-Bewegung eingeleitet. Dies ist sicherlich von Vorteil, wenn man verhindern will das Unbefugte zusammen mit dem Fahrzeug unkontrolliert den Garagenbereich betreten können (Frauensteuerung)
• In der gefahrbringenden Ab-Bewegung wird die Lichtschranke als Sicherung genutzt. D. h. im Fall der Unterbrechung des Lichtstrahles wird das Tor angehalten und nach einer minimalen Unterbrechung in die Auf-Bewegung umgeleitet.
Der Kenntnisstand über die notwendigen und durch die allgemein anerkannten Regeln der Technik klar vorgegebenen und exakt beschriebenen Sicherungseinrichtungen ist auch heute noch, fast 15 Jahre nach Veröffentlichung der DIN EN 12453:2000 Tore um Nutzungssicherheit kraftbetätigter Tore Anforderungen selbst bei „Fachleuten“ teilweise erschreckend schwach ausgeprägt.

Im Sommer 2015 musste in gerichtlichem Auftrag ein Sektionaltor aus 1996 beurteilt werden, welches bislang, trotz eindeutiger Prüfpflicht nach ASR A 1.7, noch nie geprüft oder gewartet wurde. Nur wenige km weiter wurde nahezu zeitgleich eine Schiebetoranlage an einer neuerbauten größeren industriellen Umschlaghalle ohne Konformitätserklärung festgestellt – nachdem es zum Schaden gekommen war!

Eine jede Steuerung ist ein Einzelfall- und auch wieder nicht. Hier ist die Kreativität des Planers gefragt, Beratung muss hier sicherlich im Vordergrund stehen. Diese wird letztendlich auch zur preiswerteren Lösung weil richtigen führen.

DIN EN 13241-1:2011 Produktnorm Tore

Bis zur Normeinführung zum 1.5.2004 und deren unbeschränkten Geltung ab dem 1.5.2005, zu diesem Zeitpunkt mussten alle nationalen etwaig entgegen stehende Normen zurückgezogen werden, wurde noch zwischen Toren im gewerblichen und privaten Bereich unterschieden. Dies gehört nun der Vergangenheit an. Die DIN EN 13241-1 löst die bisherige ZH 1/494 sowie die DIN 18073 ab. Es wird keine Unterscheidung zwischen Toren im privaten und gewerblichen Bereich mehr gemacht.

Zusammen mit der DIN EN 13241-1 sind in den vergangenen Jahren eine Vielzahl von begleitenden Normen in Kraft getreten. Das gesamte Paket hat mit der DIN EN 13241-1 zusammen die Zielsetzung die Torsicherheit zu erhöhen.

Es gelten nun klar definierte und beschriebene Regelungen hinsichtlich der Gefährdungspotentiale. Das heißt europaweit dürfen nur noch normkonforme Produkte, hier Tore montiert werden. Dies ist durch die CE-Zertifizierung mit auf dem Produkt angebrachtem CE-Zeichen nachzuweisen.

Für den Verbraucher ist dieser Übergang durch gesteigerte Aufklärungsverpflichtung seitens des Herstellers/Montagebetrieb und damit einhergehend umfangreicher, schriftlicher Dokumentation wie z.B. Konformitätserklärung, Bedienungs- und Wartungsanweisungen erkenntlich.

Die Typenschilder haben sich auffällig geändert. Hersteller Seriennummer Bauart des Tores Produktionsjahr, CE-Kennung Angaben der technischen Klassifizierung sind nun anzugeben.
Es werden Aussagen zu folgenden Kriterien verlangt:

• Wasserdichtigkeit
• Wärmewiderstand
• Windlastwiderstand
• Luftdurchlässigkeit.

Die notwendigen Sicherungseinrichtungen werden nach Art der Torbetätigung und Art der Nutzung sowie Lage des Tores selbst definiert.

 

 

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